100 Filme: King Kong und die weiße Frau (King Kong)

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Auf DVD: 100 Filme: King Kong und die weiße Frau (King Kong)

Abenteuer/Fantasy, USA 1933, Regie: Merian C.Cooper & Ernest B.Schoedsack, Musik: Max Steiner, mit Robert Armstrong, Bruce Cabot, Fay Wray, Frank Reicher, Sam Hardy, Noble Johnson, James Flavin, Steve Clemente, Victor Wong, Roscoe Ates

Intro: King Kong ist ein weiteres Beispiel für die außerordentliche Qualität der Monster-Filmwelle in den frühen 1930er Jahren, siehe auch Dr. Jeckyll und Mr. Hyde, Freaks und Frankensteins Braut. Vor dem Hintergrund der nur allzu realen Weltwirtschaftskrise war ein bisschen künstlicher Grusel recht willkommen (wenn man sich bei der seinerzeit grassierenden Musicalwelle schon genug gegruselt hatte).

Inhalt: Die Handlung ist im Grunde mal wieder schnell erzählt: Auf einer entlegenen Insel in der Südsee werden prähistorische Monster entdeckt, deren King ein Affe namens Kong ist. Eine Expedition fängt das Viech ein und transportiert es nach New York, wo es ausgestellt werden soll. Inzwischen hat sich der Affe aber schwer in die adrette Fay Wray verknallt, und hauptsächlich aus Liebeskummer haut er dann halb New York zu Klump, bevor ihn ein paar Doppeldecker vom Empire State Building schießen.

Filmhistorisch bedeutsam, weil: Heutige Kino-Kids müssen wahrscheinlich lachen, wenn sie die seinerzeit bahnbrechenden Spezialeffekte von Willis H. O'Brien und seinem Assistenten Ray Harryhausen sehen. Der Modellaffe ist als solcher eben gut zu erkennen, und dennoch ist und bleibt dies ein Meilenstein der Tricktechnik. So perfekt das moderne CGI-Bombast-Kino auch immer sein mag, allen Spektakel eines Roland Emmerich oder Michael Bay zusammen gelingt es nicht annähernd, eine solch magische Szene wie das Finale am Empire State Buildung zu schaffen.

Viel ist darüber geschrieben worden, dass King Kong im Grunde in jeder Szene verschieden groß ist. Das fällt aber kaum auf, weil es den Filmemachern ausschließlich um die visuelle Logik ging. Wäre King Kong beim Luftkampf am Empire State Buildung maßstäblich genauso groß gewesen wie in den, ähm, Dialogszenen mit Fay Wray, hätte er überhaupt nicht mehr gewirkt.

Der Film entstand kurz bevor Anfang 1934 der sogenannte Hays Code für amerikanische Filmemacher verbindlich wurde. Darin wurde penibel geregelt, was von nun an auf der Leinwand erlaubt war und was nicht, sprich: Zensur. Man musste sich zwar nicht dran halten, aber wer es nicht tat, bekam seine Filme halt nicht mehr ins Kino. Einige der frühen amerikanischen Tonfilme vor 1934 gehen deshalb mit Sex und Gewalt noch wesentlich freier um als alles aus den 40er und 50er Jahren.

Interessante Pre-Code-Filme sind unter anderen The Sign of the Cross von Cecil B. De Mille (mit Claudette Colberts Nacktbad im Milchpool und den teils bizarren Szenen aus der Gladiatorenarena), Freaks (siehe dort) und natürlich King Kong. Die Szene, wo der Affe die schöne Fay Wray aus ihren Kleidern schält, als wäre sie eine Banane, fiel der Schere ebenso zum Opfer wie King Kongs unsanftes Umspringen mit manchen Eingeborenen (einen davon zertritt er wie eine Zigarettenkippe).

Der Selbstzensur indes war schon eine andere Szene zum Opfer gefallen, was vor allem den Tricktechnikern die Tränen in die Augen trieb: Sie hielten die Sequenz im Graben, wo die Expeditionsteilnehmer von Gewürm und Krabbel-Zeugs angegriffen werden, für ihre beste Arbeit. Doch bei Probevorführungen reagierte das Publikum dermaßen verstört, dass es die Wirkung des ganzen Films ruinierte. Während diese Szene auch in den heutigen rekonstruierten Fassungen fehlt, konnte Anfang der 90er Jahre zumindest die ungeschnippelte Pre-Code-Version (mit der geschälten Fay Wray) wieder hergestellt werden. (In Peter Jacksons Remake von 2005 ist übrigens eine entsprechende Gewürm-Szene als Hommage an O'Brien und Harryhausen enthalten.)

Ein Meilenstein war auch die Musik von Max Steiner, die als der erste große Action-Soundtrack der Filmgeschichte für Jahrzehnte den Maßstab für solche Monsterschinken setzte (und die übrigens auch als großes Orchesterwerk für sich genommen überzeugt). Seit einigen Jahren ist die rekonstruierte Fassung in einer gelungenen Neueinspielung auf CD erhältlich.

Abspann: In einer Drehpause beschäftigte sich das Filmteam, indem man ganz nebenbei in denselben Sets und mit teilweise denselben Darstellern (Joel McCrea und Leslie Banks kamen hinzu) noch einen anderen Klassiker drehte: Graf Zaroff - Genie des Bösen (The Most Dangerous Game), dem Vorbild von etlichen anderen Menschenjagd-Filmen.

Für King Kong selbst kam erst 1949 eine verspätete, relativ wenig beachtete Fortsetzung (Panik um King Kong). 1976 (Regie: John Guillermin) und 2005 (Regie: Peter Jackson) entstanden en zwei im großen und ganzen wenig überzeugende Remakes. Herr der Ringe-Regisseur Jackson braucht die doppelte Zeit (geschlagene drei Stunden!), um dieselbe Geschichte zu erzählen; ganze Horden von Dinosauriern fährt er auf und demonstriert dabei nur die generelle Misere des aktuellen Mainstreamkinos: Langeweile durch Überdruss.