Der ganz normale Wahnsinn · Teil 2

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Haben Sie nicht auch den Drang, wissen zu wollen, wie die Story weitergeht..??
Dann sollten Sie jetzt, Ihr Bier beiseite stellen, sich gemuetlich  eine Ziga-
rette anzuenden.....und nehmen Sie vor allem Ihre Freundin vom Schenkel.

DER GANZ NORMALE WAHNSINN PART II.

Und waehrend Sie sich gerade  Gedanken ueber die  Frage machen, wieviele Jahre
Sie von  der deutschen Justiz fuer einen Doppelmord bekommen koennten, stuermt
Ihre Frau auch schon an Ihnen vorbei und oeffnet die Wohnungstuer.

"Hallo Mutter...schoen das Du da bist....wir fahren gleich los...."

Sicher ist  es irgendwie schoen, dass  Ihre Schwiegermutter da  ist. Aber noch
viel schoener waere  es gewesen, wenn sie statt sieben Koffern einen Sarg mit-
gebracht haette,inden sie sich mit den Worten "Ich muss jetzt von euch gehen",
verzogen haette...

Und waehrend Sie sich gerade vorstellen, wie schoen es waere, eigenhaendig die
Schrauben in den Sargdeckel zu  drehen, stuermen auch schon Ihre beiden Goeren
an Ihnen vorbei, in Richtung Wrack....

"Duhu....Omi....Hamsi ist gemixt....Waldi klebt im Wohnzimmer....und weisst Du
schon, dass Boris Becker Batman ist....??"

Wuerdevoll, ganz wuerdevoll stolziert  diese haessliche  Gestalt  nun an Ihnen
vorbei, blickt  sie an, wie ein  Reh blickt, kurz bevor die Augen brechen, be-
wegt sich  schnurstracks auf Ihre  Kueche zu und begruesst ihre liebe Familie.

"Guten Tag Hannelore (Ihre Frau)...schoen dass  wir den Urlaub  gemeinsam ver-
bringen koennen...guten Tag Peter...Sabinchen,mein Schatz...Du bist aber gross
gross  geworden....Boris  Becker ist  Batman....ehrlich???.....ach ja.....Tach
Dingsbums...."

Ich heisse nicht "Dingsbums", schiessen Ihnen die Gedanken durch den Kopf..Ich
habe nie "Dingsbums" geheissen...und werde auch nie.......

Und waehrend  Ihnen die Beweggruende  eines Freddie  Krueger ploetzlich ueber-
haupt nicht mehr  fremd erscheinen und Sie  sich lediglich  darueber  aergern,
dass er nie da ist, wenn man ihn braucht, erwarten  Sie in einer unglaublichen
Laessigkeit die  logischerweise  unmittelbar folgenden  Befehle  Ihrer  lieben
Gattin. Und siehe da,waehrend sich im benachbarten Garten irgendein Angestell-
ter des staedtischen Gartenbauamtes ueber das Verschwinden seiner Fingerkuppen
wundert, die er sich beim Rosenschneiden  mit einem deftigen "Hurray" auf  den
Lippen fachgerecht demontiert hat,koennen Sie die Stimme Ihrer Herrin und Mei-
sterin vernehmen...

"Aehm...bring doch schonmal das Gepaeck runter....Mutter hat ja nicht viel....
ich komme  gleich mit  den Kindern und Mutter nach....und vergiss' Deine Jacke
nicht...hast Du auch alles...??"

Sie bewegen sich langsam Richtung Ausgang, streifen noch Ihre Jacke ueber, bei
der Sie eine deutliche  und unangenehme  Gewichtszunahme  feststellen koennen,
jedes Nachfragen bei Ihrer Frau  aber direkt wieder aus Ihren Gedanken wischen
und  machen  sich  im Hausflur  ueber die  Gepaeckstuecke dieser  wiederlichen
Schnepfe her.
Schon beim Anheben des ersten Gepaeckstueckes  stellen Sie unweigerlich  fest,
dass der gesamte Inhalt lediglich aus  Pflastersteinen zu bestehen scheint und
steuern nun zielstrebig auf den hauseigenen Aufzug zu.

Unterwegs begegnet Ihnen  noch dieser dumme  Schnoesel aus dem  dritten Stock,
dessen  ausschliessliche Interessen  im  Abspielen  von  Hard Rock-Platten  in
uebermenschlicher Lautstaerke  zu liegen scheinen und  der Sie auch gleich mit
den Worten : "Na Meister...geht's inne Ferien...geil wa....ach der Aufzug iss'
uebrigens platt...also machet juut Meister...wa eh...", begruesst.

Hatten Sie eben  noch ueber einen  Doppelmord nachgedacht, gehen Ihre Gedanken
nun unweigerlich in Worte wie Massaker, Overkill oder Amoklauf ueber.

Aber da man  sich natuerlich die  schoene Urlaubstimmung nicht verderben will,
nimmt man auch vier Etagen mit pflastersteinbepackten Koffern in Kauf.
Und als Sie nach einer halben Stunde, dem Exodus nahe, die Tiefgarage erreicht
haben,alle Koffer irgendwie haehmisch grinsend neben Ihnen zu stehen scheinen,
wird Ihnen auch schon wieder warm um's Herz.

Da steht er also. Der  nagelneue Mercedes 200 D, den Sie mit vielen Ueberstun-
den und  einem  Bankkredit fast  bar bezahlen konnten und  der Ihnen in diesem
Augenblick als das Wichtigste auf dieser Welt....zumindest innerhalb der Tief-
garage, vorkommt.

Seine windschnittige Form  strahlt eine ungeheure  Sicherheit aus, sein blank-
polierter  Stern funkelt  durch den Raum und scheint die gesamte Garage zu er-
hellen. Seine silberfarbenden  Radkappen erinnern  Sie unweigerlich an das Ge-
fuehl von Macht und Ueberlegenheit. Sein eingeschlagenes Seitenfenster scheint
Sie freudestrahlend  anzulaecheln und  die verkratze  Beifahrertuer weist  auf
typisch deutsche Qualitaet hin....moment....eingeschlagene Fensterscheibe....?
Kratzer auf der Tuer........

Ihnen wird schwarz  vor Augen. Sie denken an Charles Bronson und koennten sich
in diesem  Moment keinen  besseren Partner  fuer jenen begnadeten Schauspieler
vorstellen, wenn es wieder einmal heisst, "Zwei Maenner sehen rot..".

Sie wollen  gerade in Traenen  ausbrechen, als Sie hinter sich viele Ihnen be-
kannte Stimmen wahrnehmen koennen.

"Da wartet man extra eine  halbe Stunde und der Mann hat die Koffer immer noch
nicht verstaut....ach was soll man mit so einem Troedler nur machen..."

"Ich habe Dir ja schon immer gesagt, dass Klaus-Peter besser fuer Dich gewesen
waere....aber Du wolltes ja nicht auf mich hoeren..."

"Duhu...Mami...wird die Maus, die Peter eben totgemacht hat, jetzt ein Zombie?

"Eh geil eh....die Ratte  hat noch  gezuckt...Papa...kann ich in  Italien auch
'ne Ratte haben...??"

Jetzt ist es soweit. Sie drehen  sich einfach um, ziehen einen Trommelrevolver
Kaliber 45 aus Ihrer Tasche und sind vier Sorgen auf einen Schlag los.
Aber erstens heissen  Sie nicht Charles  Bronson und zweitens will die Familie
ja in Urlaub....

"Setzt Euch schonmal rein...ich verstaue noch die Koffer im Anhaenger...."

Und waehrend sich der Rest  der Sippschaft um die Fensterplaetze streitet, Sa-
binchen  schliesslich  mit der Begruendung, sie koenne sonst die vielen tollen
Toten auf der Autobahn gar nicht sehen,einen Fensterplatz erkaempft hat, Peter
mit dem Mittelplatz vorlieb nehmen muss, die Schwiegermutter keifbereit hinter
dem Fahersitz kauert, Ihre Frau in diversen Strassenkarten stoebert...als wenn
sie schon einmal im Leben  eine Ausfahrt gefunden  haette...., Sie nun endlich
die Koffer verstaut haben, auf Ihrem Fahrersitz platz nehmen und irgendwo eine
Ente erkennen muss, dass Motorbote doch  stabiler sind, als vermutet, kann die
Fahrt in's Glueck...sprich in den wohlverdienten Urlaub, endlich starten.

"Hast Du  auch wirklich  alle Papiere? Habe ich  das Buegeleisen  ausgestellt?
Warum liegen hier denn lauter Scherben rum? Wo ist denn das Radio?

"Duhu...Papi....ich muss mal Pipi...."

Und erneut scheint alles  um Sie herum so unwirklich, nicht existent...einfach
ein boeser, dummer Traum,der gleich zerplatzen wird, wie eine Seifenblase. Das
einzige, was innerhalb der  naechsten Sekunden  zerplatzt, ist die Blase ihrer
kleinen Tochter.Und da Sie sowieso den Autoschluessel auf dem Anhaenger liegen
gelassen haben, beschliesst man fuer eine frische Unterhose Ihrer Tochter, so-
wie  einen scherbenfreien  Beifahersitz  zu sorgen und verschiebt die Fahrt um
zehn Minuten nach dem urspruenglich geplanten ersten Versuch zu verlegen.
Und waehrend Sie sich  mit gefundenem  Autoschluessel erleichtert  ein zweites
Mal hinter das Steuerrad begeben, die Pipigeschichte Ihrer Tochter zur Legende
geworden ist, hoeren Sie, unmittelbar hinter sich, erneut diese Stimme,die Sie
unweigerlich aus Ihren Traeumen vom gemuetlichen Urlaub reisst und wieder die-
se merkwuerdigen Gedanken in Ihnen aufkeimen laesst.

"Hoer mal Dingsbums...kannst Du ueberhaupt Autofahren....???"

Einen Augenblick  lang muessen  Sie an James Bond und  sein Wunderauto denken,
welches doch diesen herrlichen Knopf besitzt,auf dessen Druck sich alles Uebel
gen Himmel verfluechtigt.

Ach haetten Sie  sich bei der Anschaffung  Ihres Traumwagens, dessen Traum nun
durch  ein Loch in  der Seitenscheibe und einer  zerkrazten Tuer ein wenig ge-
truebt wird und dessen Traumtruebung auch durch die Insassen ganz gehoerig be-
einflusst wird, doch nach diversen Sonderausstattungen erkundigt.

Eine  an die Decke  der Tiefgarage  klatschende Schwiegermutter wuerde Ihr Ur-
laubsglueck mit einem "Klatsch" um mindestens fuenfzig Prozent steigern.

Nichts desto trotz war es nun endlich soweit. Die Fahrt konnte beginnen.

Laessig, ungeheuer  laessig und vor allem  cool drehen Sie  den Schluessel im
dazu vorgesehenen Schloss um.Und nach kurzer Zeit koennen Sie dieses herliche
Geraeuch vernehmen, welches eine 200 D Powermaschine so zu erzeugen pflegt.

"Macht die Karre jetzt  den ganzen Weg  ueber so einen  Laerm... ???...Ach wir
hatten ja damals einen Opel...der war leise...ach koennte  das alles mein Mann
noch miterleben...geht es jetzt endlich los...???"

Ob ich meinen Zigarettenanzuender  stark verschmutze, wenn ich mich jetzt ein-
fach umdrehe und ihn gegen ihre Nasenspitze druecke?

Doch auch  solche Gedanken kommen  Ihnen in diesem  bedeutungswuerdigen Moment
vor, wie Schall und Rauch.
Und waehrend in irgendeinem Kaltwasserbecken ein Goldfisch sein letztes "Blub"
haucht,um dann auf der Seite liegend Stunden spaeter in irgendeiner Muelltonne
zu verschwinden, setzt sich der  Wagen nebst Anhaenger, sowie vier froehlichen
und einem suizidgefaehrdeten Insassen in Bewegung.

AUF DASS DER WAHNSINN WEITERGEHE...


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