Welt der Enden

Geschrieben von am , übersetzt von im Jahr .

(Original von Doc Searls und David Weinberger)

Es gibt solche und solche Fehler.

Von manchen Fehlern lernen wir. Zum Beispiel: Zu denken, dass man mit dem Verkauf von Tierspielzeugen über das Internet reich werden kann. Wir werden das nicht noch einmal versuchen.

Andere Fehler wiederholen wir bewusst wieder und wieder. Zum Beispiel zu denken, dass

  • das Internet wie das Fernsehen eine Möglichkeit ist, die Augen festzuhalten, um sie mit Werbebotschaften zuzuschütten.
  • das Telekommunikationsunternehmen und Kabelanbieter das Netz filtern, regeln und irgendwie verbessern sollten.
  • es schlecht ist für die Nutzer, mit verschiedenen Instant Messaging Systemen zu kommunizieren.
  • das Netz stärker reguliert werden sollte, um die Industrien zu schützen, die sich bedroht fühlen.

Wenn es um das Internet geht, leiden viele unter einem Auf-Fehlern-beharren-Syndrom. Das trifft besonders auf Zeitschriften- und Tageszeitungsverlage zu, auf Sender, Kabelfernsehen, die Tonträger- und die Filmindustrie und die Telekommunikationsfirmen, um nur sechs zu nennen.

Dank des enormen Einflusses dieser Industrien in Washington hat das Auf-Fehlern-beharren-Syndrom auch Gesetzgeber, Regulierer und sogar die Gerichte befallen. Im letzen Jahr wurde das Internetradio niedergemetzelt, eine vielversprechende neue Industrie, die damit drohte, den Hörern weit mehr Auswahl zu bieten als die immer einförmigeren Mittelwellen und UKW-Sender (die technologisch aus der Steinzeit stammen). Waffen, Munition und ein gelegentliches Yippie-Ya-Yeah wurden von der Medienindustrie und dem Digital Millennium Copyright Act geliefert, der alle Ängste repräsentiert, die Hollywoods Alpha-Dinosaurier verspürten, als sie 1998 das Gesetz per Lobbyarbeit duch den Kongress paukten.

Das Internet interpretiert Zensur als Schaden und manövriert herum ist ein berühmtes Zitat von John Gilmore Und es stimmt: auf lange Sicht wird Internetradio erfolgreich sein, Instant-Messaging-Systeme werden zusammenarbeiten, dumme Unternehmen werden klüger werden oder verschwinden, unsinnige Gesetze werden abgeschafft oder ersetzt. Aber, um ein ebenso berühmtes Zitat von John Maynard Keynes zu benutzen: Auf lange Sicht sind wir alle tot.

Wir müssen nur darauf zu achten, was das Internet wirklich ist. Das ist nicht schwierig. Denn das Internet ist keine Atomphysik. Es ist noch nicht einmal Niveau der sechsten Klasse, wenn man es richtig angeht. Wir können die Tragödie des Auf-Fehlern-beharren-Syndroms beenden — und ein paar tausend Milliarden Dollar sparen —, wenn wir eine einfache Tatsache akzeptieren: Das Internet ist eine Welt der Enden. Du bist an einem Ende, jeder andere und alles andere sind an einem anderen Ende.

Sicher sieht das aus wie eine fühl-Dich-gut-Ausage über den Wert jedes einzelnen im Internet usw. Aber es ist eine hieb- und stichfeste Aussage über die technische Architektur des Netzes. Und der Wert des Internets beruht auf seiner technischen Architektur.

Zum Glück ist das wahre Wesen des Internets nicht schwer zu verstehen. Eigentlich stehen nur eine Hand voll Aussagen zwischen dem Auf-Fehlern-beharren-Syndrom und der Erleuchtung…

In aller Kürze:

  1. Das Internet ist nicht kompliziert.
  2. Das Internet ist kein Ding. Es ist eine Übereinkunft.
  3. Das Internet ist dumm.
  4. Werten nizuzufügen mindert den Wert des Internets.
  5. Alle Werte des Internets entstehen am Rand.
  6. Geld zieht in die Vororte.
  7. Das Ende der Welt? Nein, eine Welt der Enden.
  8. Die drei Tugenden des Internets:
    1. Niemand besitzt es.
    2. Alle können es nutzen.
    3. Jeder kann es verbessern.
  9. Wenn das Internet so einfach ist, warum verstehen manche das nicht?
  10. Einige Fehler, die wir bereits vermeiden können

1. Das Internet ist nicht kompliziert.

Die Hauptidee hinter dem Internet war, die enorme Kraft der Einfachheit zu nutzen — so einfach wie die Schwerkraft in der physischen Welt. Nur dass hier nicht die Schwerkraft die kleinen Steine fest gegen den großen drückt, wurde das Internet geschaffen, um kleinere Netze zusammenzuhalten und diese zu einem großen Netzwerk zu verbinden.

Dazu wurde für die Netze einfach, sogar äußerst einfach gemacht, Daten untereinander auszutauschen. So wurde das Internet geschaffen als denkbar einfachster Weg, Bits von irgendeinem A zu irgendeinem B zu transportieren.

2. Das Internet ist kein Ding. Es ist eine Übereinkunft.

Wenn wir unter unseren Straßen nachschauen, sehen wir Netzwerke als Drähte. Und wir sehen diese Drähte als Teile von Systemen: des Telefonsystems, der Stromversorgung und das Kabelfernsehens.

Wenn wir Radio hören oder Fernsehn schauen, wird uns in jeder Pause erzählt, Netze seien Quellen der Programme, die uns durch die Luft oder durch das Kabel erreichen.

Aber das Internet ist anders. Es ist nicht drahtbezogen. Es ist kein System. Und es ist keine Programmquelle.

Das Internet ist ein Weg für alle Dinge, die sich Netz nennen, nebeneinander und miteinander zu existieren und zu arbeiten. Es ist ein Inter-Netz. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Was das Netz zum Internet macht, ist die Tatsache, dass es nur ein Protokoll ist: das Internet Protokoll, um genau zu sein. Ein Protokoll ist eine Vereinbarung, wie Dinge zusammenarbeiten.

Das Protokoll legt nicht fest, was Menschen mit dem Netzwerk machen können, was sie an seinem Rand aufbauen können, was sie sagen können und wer etwas sagen darf. Das Protokoll sagt nur: Wenn Du Bits austauschen willst, so gehts. Wenn Du einen Computer — oder ein Händie oder einen Kühlschrank — ans Netz anschließen willst, dann musst Du nur die Vereinbarung des Internets befolgen.

3. Das Internet ist dumm.

Das Telefonsystem ist nicht das Internet (jedenfalls noch nicht), aber es ist verdammt schlau. Es weiß, wer wen anruft, wo diese Anrufer sich befinden, ob es eine Stimme oder Daten sind, wohin der Anruf geht und was er kostet usw. Und es bietet Dienste, die nur ein Telefonnetz braucht: Warteschleifen, Anrufernummernübertragung, Anzeige entgangener Anrufe und ein Haufen weiterer Funktionen, die die Telefongesellschaften gerne verkaufen wollen.

Das Internet ist dagegen dumm[¹]. Und das mit Absicht. Seine Schöpfer sorgten dafür, dass das größte und umfassendste Netzwerk von allen so dumm ist wie eine Schachtel Steine.

Das Internet kennt eine Menge Dinge nicht, die intelligente Netze wie das Telefonnetz kennen: Identitäten, Zugriffsrechte, Prioritäten usw. Das Internet weiß nur eines: dieser Haufen Bits muss von einem Ende des Netzes zu einem anderen.

Es gibt technische Gründe, warum dummes Design gutes Design ist. Dumm ist stabil. Wenn ein Router defekt ist, finden Datenpakete einen anderen Weg, und das Netz bleibt funktionstüchtig. Weil es so dumm ist, ist es leicht mit neuen Geräte und Menschen zu verbinden, deshalb wächst es so schnell und in alle Richtungen. Dazu ist es leicht für Ingenieure, Netzzugang in alle Arten von Geräten einzubauen, Camcorder, Telefone, Sprinklersysteme, die an den Enden des Netzes leben.

Das alles, weil der wichtigste Grund für Dumm ist gut weniger mit Technik als mit Werten zu tun hat…

4. Die Zugabe von Werten mindert den Wert des Internets.

Hört sich verrückt an, ist aber wahr. Wenn man ein Netz für eine Art der Nutzung optimiert, de-optimiert man es für andere. Wenn man zum Beispiel das Netz Ton- oder Videodaten mit Priorität transportieren ließe, weil sie schneller ankommen sollen, so ließe man andere Anwendungen dafür warten. Schon hätte man aus dem einfachen Netz für jeden etwas kompliziertes nur für eine Anwendung gemacht. Und das wäre nicht mehr das Internet.

5. Der Wert des Internets entsteht am Rand.

Wenn das Internet ein schlaues Netzwerk wäre, hätten die Schöpfer die Wichtigkeit einer guten Suchmaschine vorhergesehen und eine Suchfunktion in das Netz selbst eingebaut. Aber weil die Schöpfer schlau waren, machten sie das Netz zu dumm dafür. Deshalb ist die Suche ein Dienst, der an jedem der Millionen Enden des Netzes angeboten werden kann. Und weil jeder alles anbieten kann, was er will, gibt es Wettbewerb zwischen den Suchmaschinen, und das bedeutet Wahlfreiheit und unglaubliche Innovationen für die Nutzer.

Suchmaschinen sind nur ein Beispiel. Weil das Internet nichts anderes tut als Bits von einem Ende zu einem anderen zu transportieren, können Erfinder bauen, was sie wollen — und sich darauf verlassen, dass das Internet für sie Daten transportiert. Man braucht keine Erlaubnis des Internetbesitzers, eines Systemverwalters oder des Vizepräsidenten des Priorisierungsdienstes. Du hast eine Idee? Bau es. Und immer wenn Du etwas baust, erhöht sich der Wert des Internets.

Das Internet hat einen freien Markt für Innovationen geschaffen. Das ist der Schlüssel zum Wert des Internets. Aus dem gleichen Grund…

6. Geld zieht in die Vororte.

Wenn die Werte des Internets an seinem Rand sind, will die Internetanbindung selbst eine Verbrauchsgut wie Strom und Wasser werden. Das sollte man zulassen.

Es ist ein gutes Geschäft, Verbrauchsgüter bereitzustellen; man sollte aber der Versuchung widerstehen, dem Internet an sich Werte hinzuzufügen. Genauer: die Provider werden unweigerlich auch Inhalte und Dienste verkaufen wollen, da der Zugang alleine zu billig werden wird. Wenn wir diese Funktionen getrennt halten, erlauben wir dem Markt, die Preise so bestimmen, dass sowohl die Internetanbindung wie auch Inhalte und Dienste optimiert werden.[²]

7. Das Ende der Welt? Nein, die Welt der Enden.

Wenn Craig Burton die dumme Architektur des Internets als leere Kugel darstellt, die nur aus Enden besteht[³], trifft er die wichtigste Eigenschaft der Internet-Architektur auf den Punkt: nimm den Wert aus der Mitte heraus und Du ermöglichst eine irrsiniges Wachsen von Werten zwischen den verbunden Endpunkten. Denn wenn jeder Endpunkt mit jedem und allen verbunden ist, sind die Endpunkte natürlich keine mehr.

Und was tuen wir als Enden? Alles, was irgendwer mit dem Herumschieben von Bits tun kann.

Merkst Du den Stolz in unserer Stimme, wenn wir sagen alles und irgendwer? Das folgt direkt aus der dummen Architektur des Internets.

Weil das Internet eine Übereinkunft ist, gehört es keiner Person oder Gruppe: Nicht den Firmen, die die Backbones betreiben. Nicht den Providern, die uns den Zugang verschaffen. Nicht den Hosting-Firmen, die uns Server vermieten. Nicht den Industrieverbänden, die ihre Existenz bedroht glauben durch das, was wir tun im Netz. Nicht einer Regierung, egal wie fest diese glaubt, es würde ihr nur um Sicherheit und Zufriedenheit ihrer Bürger gehen.

Sich mit dem Internet zu verbinden, heißt, Werte am Rand zu schaffen. Und dann passiert etwas sehr interessantes. Wir sind alle gleichberechtigt verbunden. Entfernungen spielen keine Rolle. Hindernisse fallen weg, und zum ersten Mal kann das menschliche Bedürfnis nach Verbindung ohne künstliche Barrieren erfüllt werden.

Das Internet erlaubt uns zum ersten Mal, eine Welt von Enden zu werden.

8. Die drei Tugenden des Internets:

Das waren die Fakten über das Internet. Wir sagten ja, dass sie sehr leicht zu verstehen sind.

Aber was bedeuten sie für unser Verhalten … und noch wichtiger, das Verhalten der Groß-Konzerne und Regierungen, die sich bisher so verhalten haben, als gehöre das Internet ihnen?

Hier sind drei Grundregeln, die sich direkt aus der tatsächlichen Natur des Internets ableiten:

Niemand besitzt es.
Jeder kann es nutzen.
Jeder kann es verbessern.

Schauen wir uns jede der drei etwas genauer an:

8.1. Niemandem gehört es.

Es kann nicht besessen werden, nicht einmal von den Unternehmen, durch deren Leitungen es läuft, weil es eine Übereinkunft ist und keine Sache. Es ist nicht nur allgemein zugänglich, sondern es ist ein Gemeingut.

Und das ist auch gut so:

  • Das Internet ist eine zuverlässige Resource. Wir können darauf Geschäftsmodelle bauen, ohne befürchten zu müssen, dass eine Internet GmbH uns zu einem Upgrade zwingt, den Preis verdoppelt oder von einem Konkurrenten übernommen wird.
  • Wir müssen uns keine Sorgen machen, dass einige Teile des Internets nur mit dem einen Provider funktionieren, andere jedoch nur mit einem anderen, so wie es im Mobilfunkmarkt der USA bereits üblich ist.
  • Wir müssen uns keine Sorgen machen, dass die Grundfunktionen des Internets nur innerhalb der Plattformen von Microsoft, Apple oder AOL nutzbar sind, denn das Internet sitzt tiefer — außer Reichweite für proprietäre Kontrolle.
  • Der Betrieb des Internets ist auf alle Nutzer verteilt und nicht Sache eines Providers, der den Betrieb einstellen könnte. Und wir alle zusammen sind eine zuverlässigere Resource als irgendein ausgewählter Teil von uns je sein könnte.

8.2. Alle können es nutzen.

Das Internet wurde gebaut, um jeden auf dem Planeten zu erreichen.

Um ehrlich zu sein, zur Zeit kann nur ein Zehntel der Welt — gerade mal 600.000.000+ Menschen — das Internet nutzen. Das können im Ausdruck Alle können es nutzen ist durch die erbärmlich ungleiche Verteilung von Glück eingeschränkt. Wenn Du aber das Glück hast, die Anbindung und ein Terminal bezahlen zu können, legt das Netz selbst Dir keine Steine in den Weg. Kein Systemverwalter muss Dir den Zugriff erlauben. Das Internet selbst enthält voller Absicht keine Zugriffsbeschränkungen.

Deshalb ist das Internet für viele von uns wie eine natürliche Resource. Wir haben uns auf es gestürzt, als sei es ein Teil der menschlichen Natur, der nur darauf wartet, genutzt zu werden — so wie Sprechen und Schreiben mittlerweile zur menschlichen Natur gehören.

8.3. Jeder kann es verbessern.

Jeder kann das Internet zu einem besseren Ort machen, zum Leben, Arbeiten und Kinder aufziehen.. Es braucht schon einen wirklichen Hohlkopf mit einen starken Willen, um es zu verschlechtern.

Es gibt zwei Wege, es zu verbessern. Erstens: Mann kann einen Service an einem Endpunkt aufbauen, den jeder nutzen kann, der will. Mach ihn kostenlos, lass die Menschen dafür zahlen, stell eine Sammelbüchse auf, egal.

Zweitens: Du kannst etwas viel bedeutenderes tun: erarbeite eine neue Übereinkunft und ermögliche damit eine neue Klasse von Netzdiensten. So wurde e-Mail entwickelt. Und Newsgruppen. Uns sogar das Web. Die Schöpfer dieser Dienste lieferten nicht einfach eine neue Applikation für die Endpunkte, und sicherlich haben sie auch nicht das Internet-Protokoll selbst angefasst. Stattdessen entwickelten sie neue Protokolle, die das vorhandene Internet nutzen, ohne Änderungen zu fordern; ähnlich wie eine Übereinkunft, wie man papierne Schriftstücke kodiert, die Entwicklung von Faxgeräten ermöglichte, die das vorhandene Telefonnetz nutzen ohne Änderungen zu fordern.

Beachte aber, wenn Du mit einer neuen Übereinkunft erarbeitest: nur wenn sie offen, herrenlos und frei für alle ist, kann sie den gleichen Erfolg haben wie das Internet selbst. Eben deshalb hat das Instant Messaging seine Möglichkeiten nicht ausschöpfen können: die führenden IM-Systeme von heute — AIM von AOL, ICQ sowie der MSN-Messenger — sind private Gebiete. Sie laufen über das Netz, aber sie gehören nicht dazu. Wenn AOL und Microsoft sich dafür entschieden, ihre IM-Systeme auf einem simplen Protokoll aufzusetzen, das niemandem gehört und das jeder nutzen kann, würden sie das Netz enorm verbessern. Bis dahin sind sie einfach nur dumm — und das nicht im guten Sinne.

9. Wenn das Internet so einfach ist, warum verstehen manche das nicht?

Möglicherweise deshalb, weil die Tugenden des Internets der Gegenpol sind zur Sichtweise der Regierungen und Unternehmen dieser Welt?

Niemandem gehört es: Unternehmen sind durch ihren Besitz definiert, so wie Regierungen durch das definiert sind, was sie kontrollieren.

Alle können es nutzen: In Unternehmen bedeutet der Verkauf von Waren die Weitergabe von exklusiven Nutzungsrechten vom Verkäufer an den Käufer; bei Regierungen bedeutet das Erlassen von Gesetzen, den Bürgern Einschränkungen aufzuerlegen.

Jeder kann es verbessern: Unternehmen und Regierungen schätzen festgelegte Rollen. Nur ausgewählte Personen dürfen bestimmte Dinge tun oder Dinge ändern.

Unternehmen und Regierungen müssen von ihrer Natur her die Natur des Internets verkennen.

Und es gibt einen weiteren Grund, warum das Internet sich nicht gerade gut selbst erklärt hat: Das große Geld würde vorziehen uns zu erzählen, das Netz sein nichts anderes als langsames Fernsehen.

Das Internet war zu sehr das, was der andere Walt in seinem Song of Myself schrieb: Ich bemühe mich erst gar nicht, verstanden zu werden. Die Naturgesetze entschuldigen sich ja auch nicht.

Andererseits haben die Naturgesetze des Internets nie vermutet, dass Menschen Karrieren darauf bauen, sie nicht zu verstehen.

10. Einige Fehler, die wir bereits vermeiden könnten.

Die Unternehmen, deren Wert darauf beruhte, Inhalte auf eine Weise zu verbreiten, die der Markt nicht mehr wollte — hörst Du zu, Tonträgerindustrie? — könnten damit aufhören, Bits für so etwas wie ganz leichte Atome zu halten. Ihr werdet uns nie davon abhalten können, die Bits zu kopieren, die wir wollen. Warum gebt ihr uns stattdessen nicht gute Gründe, Musik von euch zu kaufen? Verdammt, wir würden euch sogar helfen, euren Kram zu verkaufen, wenn ihr uns nur fragtet.

Die Typen von der Regierung, die den Wert des Internets mit dem Wert der Inhalte verwechseln, könnten verstehen, dass das Herumfriemeln am Kern des Netzes dessen Wert mindert. Tatsächlich könnten sie einsehen, dass ein System, welches alle Bits ohne Zensur durch Regierung oder Industrie gleichberechtigt transportiert, die größte Triebkraft für Demokratie und offene Märkte in der Geschichte der Menschheit ist.

Die etablierten Anbieter von Netzwerkdiensten — kleiner Tipp: sie beginnen mit Tele und enden mit com — können akzeptieren, dass das dumme Netz ihre klugen Netze schlucken wird. Sie können die bittere Pille jetzt schlucken, anstatt hunderte Milliarden Dollar damit zu verschwenden, das Unabwendbare zu verzögern.

Die Regulierungsbehörden könnte verstehen, dass der Wert offener Frequenzen gleich dem wahren Wert des Internets ist.

Diejenigen, die Ideen zensieren wollen, könnten einsehen, dass das Internet gute Bits von schlechten Bits nicht unterscheiden kann. Was immer auch in Sachen Zensur unternommen wird, muss an den Enden des Netzes geschehen — und wird selbst da nicht wirklich gut funktionieren.

Die Unternehmen, die glauben, uns zur Wahrnehmung ihrer Werbebotschaften — Banner und über interessante Seiten kriechende nervende Grafiken — zwingen zu können: vielleicht sehen sie ein, dass unsere Möglichkeit, einfach zu einer anderen Seite zu springen, ein fester Bestandteil der Architektur des Web ist. Sie könnten ebenso Banner schalten, auf denen steht Hallo! Wir verstehen nichts vom Internet! Und übrigens: Wir hassen euch.

Genug für hier und jetzt. Hören wir auf, mit unseren Köpfen gegen die Fakten des Internets anzurennen.

Wir haben nicht zu verlieren als unsere Unwissenheit.

  1. End-to-End Arguments in System Design (J.H. Saltzer, D.P. Reed and D.D. Clark) and Rise of the Stupid Network (David Isenberg)
  2. The Paradox of the Best Network (David Isenberg and David Weinberger)
  3. Doc's interview with Craig Burton.