100 Filme: Die besten Jahre unseres Lebens (The Best Years Of Our Lives)

Geschrieben von am .

Auf DVD: Die besten Jahre unseres Lebens (The Best Years Of Our Lives)

Drama, USA 1946, Regie: William Wyler, mit Fredric March, Dana Andrews, Harold Russell, Myrna Loy, Teresa Wright, Virginia Mayo, Cathy O'Donnell

Inhalt: USA, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Drei Soldaten kehren in ihre Heimat zurück und haben mehr oder minder Schwierigkeiten, sich wieder im Alltag zurecht zu finden. Al gelingt das noch am besten. Er ist leitender Angestellter bei einer Bank und wird gleich befördert. Fred dagegen kann nicht in seinen alten Job zurückkehren, wird arbeitslos und muss sich mit seiner hübschen, aber oberflächlichen Frau herumärgern. Besonders übel hat es Homer erwischt, der im Krieg beide Hände verloren hat und nur auf schales Mitleid und verlogene Anteilnahme stößt.

Filmhistorisch bedeutsam, weil: Auf das Konto von Regisseur William Wyler geht eine ganze Latte von sehenswerten Filmen. Eine 100-Filme-Liste ohne ihn wäre signifikant unvollständig. Allein dreimal erhielt er den Oscar: 1943 für Mrs. Miniver, 1947 für Die besten Jahre unseres Lebens und dann noch einmal 1960 für den Monumentalschinken Ben Hur. Für etliche weitere Filme war er nominiert, darunter für die zeitlose Komödie Ein Herz und eine Krone (1953) oder den Western Lockende Versuchung (1956).

Schon die breite Palette der von ihm bedienten Genres zeigt seine enorme Vielseitigkeit. Aus all diesen sehenswerten Filmen einen für diese Liste auszuwählen, fällt nicht ganz leicht. Das Rennen machte schließlich sein Kriegsheimkehrerdrama. Über die filmischen Qualitäten hinaus ist dieser Film auch von hoher zeitgeschichtlicher Relevanz.

Die Anlage der drei Heimkehrercharaktere ist ganz bewusst extrem schematisch gehalten. Sie stehen exemplarisch für Marine, Luftwaffe und Heer; für Mannschaft, Unteroffizier und Offizier; für Ober-, Mittel- und Unterschicht (wobei interessanterweise gerade der Offizier dem Prekariat entstammt); und auch ihr Alter variiert von jung (Homer) bis relativ alt (Al). Doch in der sorgfältigen Charakterzeichnung des Drehbuchs verliert sich schnell alles Schematische. Die Figuren sind durchweg glaubhaft, und allen voran reißt natürlich Harold Russell die Aufmerksamkeit sofort an sich.

Russell (Foto, mit weißer Mütze) ist der einzige Schauspieler, der jemals zwei Oscars für ein und dieselbe Rolle bekam. Ausgezeichnet wurde er als bester Nebendarsteller, außerdem gab es einen nur einmal verliehenen Sonderoscar für die Stärkung der Moral der Kriegsheimkehrer. Seine Rolle geht deshalb so ungemein nahe, weil Russell tatsächlich bei einem Sprengstoffunfall beide Hände verloren hatte. Die grotesken Zangen an seinen Stümpfen sind also kein genialer Maskentrick, sondern nur allzu bittere Realität.

Schon wie William Wyler ihn zu Beginn einführt, ist brillant. Und auf sehr lakonische Weise schockierend. Homer soll irgendeinen Wisch unterschreiben; wir sehen zunächst nur eine seiner Scheren; aber der Tiefschlag kommt kurz danach, wenn er den anderen Arm auch noch hebt und da ebenfalls keine Hand mehr dran ist. Und wenn man weiß: Das ist jetzt echt.

Wylers dreistündiger Film ist nur in wenigen Momenten typisches Hollywood, vielleicht noch bei der arg versöhnlichen Doppelhochzeit am Ende, doch der Vorwurf des Optimismus kann Wyler nicht treffen. Das ist die Sorte Film, wie sie nur in geschichtlich bewegten Zeiten entstehen kann. Leider hat gerade das Nachkriegsdeutschland keinen einzigen Film vergleichbarer Qualität zu bieten. Zu erzählen hätte es genug gegeben …

Abspann: Harold Russells Schauspielkarriere blieb trotz seines Doppeloscars mehr oder weniger auf diesen Film beschränkt. William Wyler sagte ihm, das Rollenangebot für Leute ohne Hände sei doch arg begrenzt, also ging Russell anschließend aufs College. Anfang der 90er Jahre verhökerte er seinen Nebendarsteller-Oscar für rund 60.000 Dollar, um Arztrechnungen für seine Frau zu bezahlen. Er starb im Jahr 2002.