Auf DVD: Ratatouille
Trickfilm/Komödie, USA 2007, Regie: Brad Bird
Intro: Eigentlich gehen mir diese Computertrickfilme mit all den Quasseltieren schwer
auf den Sack. Sie sind vorhersehbar, lärmig und geschwätzig (ergo nervtötend) und unter dem
Strich so witzig wie der Beipackzettel einer Kopfschmerztablette. Aber es gibt einige Ausnahmen:
allen voran Oscar-Gewinner Ratatouille
von Brad Bird,
der schon mit
Die Unglaublichen
einen Volltreffer landete.
Dabei basiert Ratatouille
nicht gerade auf einer sonderlich populären
Erscheinung: Ratten in der Küche! Igitt! Und genau das unterscheidet Pixar (Findet Nemo!
)
von der Konkurrenz: der Mut, Dinge anders zu machen, nicht einfach nur Altbekanntes
wiederzukäuen. In der Küche ist das bekanntlich nicht anders: Es erfordert schon ein wenig mehr
Arbeit, aus edlen Zutaten, viel Phantasie und handwerklichem Geschick ein exquisites Menü
zaubern; und dazu bedarf es eben eines Könners, der mit Liebe und Hingabe am Herd steht und
nicht einfach nur Fertigfraß in die Mikrowelle schiebt. Brad Bird ist zweifellos so ein Könner.
Inhalt: Ratte Remy hat einen ungewöhnlich feinen Geruchssinn und träumt davon, ein großer Koch zu werden. Eines Tages wird er von seiner Familie getrennt und landet nach Umwegen ausgerechnet in einem der feinsten Restaurants von Paris. Dort freundet er sich rasch mit dem jungen Müllburschen Linguini an, der mit Remys Hilfe durch einige geniale Rezepte die Aufmerksamkeit der Presse erringt, obwohl er selbst überhaupt nicht kochen kann. Doch den misstrauischen Küchenchef erfüllt das mit Neid: Er will Linguini abservieren.
Filmhistorisch bedeutsam, weil: Wie immer bei guten Komödien sieht alles ganz ungezwungen aus, leicht und folgerichtig, während sich schlechte Komödien (also zur Zeit fast alle) nur angestrengt einen Haufen schale Gags abquetschen. Was hätte das Thema Ratten in der Küche nicht alles an Ekelwitzen hergegeben! Doch Brad Bird meidet konsequent alle simplen Lösungen und billige Schenkelklopfer. Es ist ein Film über guten Geschmack - in der Kochkunst wie im Kino, und am Ende wirkt die Rattenschar in der Küche nur spaßig, nicht unappetitlich (welch ein Kunststück!). Überhaupt diese hinreißende Schlusssequenz, in der dem hartherzigsten Restaurantkritiker Frankreichs ein gleichzeitig einfacher und raffinierter Gemüseeintopf serviert wird, die titelspendende Ratatouille nämlich: Sie demonstriert doppelbödig, dass sich die maximale emotionale Wirkung leicht ohne monströsen Bombast und Größenwahn erzielen lässt.
Die Animation entspricht technisch den Pixar-Standards, heißt: CGI vom Feinsten.
Die Figuren sind hübsch comichaft und huldigen nicht dem immer häufiger anzutreffenden
Photorealismus-Fetisch, wonach Trick- und Realfilm möglichst nicht mehr unterscheidbar sein
sollen. Der junge Held ist kein klischeehafter, naturalistischer Reißbrett-Teenager (wie dieser
unsägliche Arthur in
Shrek der Dritte
),
auch keine permanent sprücheklopfende, krampfhaft auf cool getrimmte
Trickfilm-Nervensäge, sondern ein langer Schlaks mit zu großer Nase und rotem Wuschelkopf -
einfach nur ein netter Schussel.
Mit Ratatouille
hat Brad Bird den anderen Trickfilmern wieder einmal gezeigt,
wo der Hammer hängt: Haute Cuisine gegen eintönigen Allerweltsbrei.