100 Filme: Taxi Driver

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Auf DVD: Taxi Driver

Drama, USA 1976, Regie: Martin Scorsese, Buch: Paul Schrader, Musik: Bernard Herrmann, mit Robert De Niro, Cybill Shepherd, Harvey Keitel, Jodie Foster

Inhalt: Vietnam-Veteran Travis Bickle findet in New York einen Job als Taxifahrer. Er fährt nachts, da er sowieso schlafgestört ist und auch keine nennenswerten Sozialkontakte hat. Dabei entwickelt er zunehmend Phantasien, dass dieser große Saustall namens Großstadt einmal gründlich ausgemistet werden sollte. Als er zaghaft mit einer adretten Wahlkampfhelferin aus gutem Hause anbändelt, ruiniert er die sich anbahnende Beziehung, indem er sie denkbar unsensibel in ein letztklassiges Pornokino schleppt. Danach mutiert Bickle langsam zum Sonderling. Als er bei einem Versuch scheitert, die minderjährige Prostituierte Iris zur Rückkehr nach Hause zu bewegen, dreht er endgültig durch. Er rasiert sich einen Irokesenschnitt, rüstet sich auf wie die halbe Nato und läuft Amok.

Filmhistorisch bedeutsam, weil: Taxi Driver katapultierte Martin Scorsese nach einigen Achtungserfolgen wie Hexenkessel (1973) endgültig in die erste Liga der amerikanischen Filmemacher. Aber auch der bemerkenswerte Auftritt der damals 13-jährigen Jodie Foster als Iris war Start für eine bis heute andauernde Karriere. Sie war damals - wie auch Robert De Niro - für einen Oscar nominiert.

Über weite Strecken ist Taxi Driver ein düsteres Stimmungsbild mit relativ wenig äußerer Handlung. Das hätte leicht den Stoff abgegeben für ein Selbstjustizdrama der Sorte Ein Mann sieht rot (1974), und wer sich einen knalligen Actionstreifen verspricht, kann nur enttäuscht werden. Die Stimmung der Einsamkeit unter Millionen Menschen ist indes selten so brillant eingefangen worden wie hier. Das bluttriefende Finale (das für einen Mainstream-Film der 70er Jahre schon recht deftig war), fand seinerzeit nicht nur Zustimmung. So schreibt Dieter Krusche in Reclams Filmführer:

Fragwürdig ist allerdings der Schluß. Die kunstvoll arrangierte Orgie der Gewalt wird allzu detailliert und genüßlich dargeboten; und die positiven Folgen des Amoklaufes werden so unreflektiert vermittelt, daß der Zuschauer versucht ist, den Massenmord als befreiende Tat zu akzeptieren. (8. Auflage, 1991)

Eine befreiende Tat ist das am Ende auf jeden Fall, ob man's nun mag oder nicht, und die Kunstfigur Travis Bickle besitzt längst Kultstatus. Gern zitiert wird sein Spruch (in der deutschen Fassung): Du laberst mich an? Dennoch trägt die Verklärung des Amokläufers zum Rächer der Entrechteten auch Züge der satirischen Überspitzung, insofern trifft der Vorwurf der mangelnden Reflexion nicht ganz.

Wer die gemeinsamen Arbeiten von Scorsese und Drehbuchautor Paul Schrader kennt, weiß indes, dass darin auch immer bierernste religiöse Fragen von Gnade und Erlösung eine wichtige Rolle spielen. Gerade Schrader, Sohn fundamentalistischer Calvinisten, gönnt seinen Figuren ihre Erlösung nicht selten durch das Umnieten von Leuten, was er dann später bis zum Selbstplagiat Light Sleeper (1991) wiederholte.

Und noch ein Hinweis zur Musik. In dieser 100-Filme-Reihe wurden schon zahlreiche Werke vorgestellt, die ihre unvergesslichen Momente nicht allein Darstellern und Regie verdienen. Auch Musik ist bekanntlich ein ganz wesentlicher Kultfaktor. Als beispielhaft vorgestellt wurden bereits die Soundtracks von Nino Rota, Georges Delerue, Ennio Morricone, Mikis Theodorakis, Serge Prokofieff und natürlich Bernard Herrmann, der in den 50er und 60er Jahren als Hauskomponist Alfred Hitchcocks wirkte. Auch für Martin Scorseses Taxi Driver fand er die geeignete Untermalung und setzte auf einen elegischen, cool-jazzig angehauchten Score mit gelegentlichen dramatischen Akzenten. Das vom Saxophon gespielte Titelthema gehört zu den All-Time-Hits der Filmgeschichte. Auch Bernard Herrmann war für einen Oscar nominiert; gewonnen hatte er ihn bereits 1942, ironischerweise für den heute kaum noch bekannten Alles was Geld kaufen kann, nicht aber für seine wegweisenden und innovativen Arbeiten für Hitchcock, Truffaut oder eben Scorsese.