Entleerungen im Burgtheater

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So stelle ich mir gutes Theater vor, hoffentlich mit Steuergeldern gesponsort:

Entleerungen im Burgtheater

Ich wollte schon schreiben: das könnte ich auch! (also diese Regie führen)

Aber nein, ich könnte bei einem Stück, in dem an einem Stück gekotzt, kastriert, gekackt wird und sonstwas auf der Bühne passiert, nicht Regie führen, weil … uah, allein die dauernden Proben … und die Qual, das selbst jeden Abend ansehen zu müssen. Nee, zum Maso hab ich keine Berufung.

Mitleid mit den Zuschauern dagegen hätte ich nicht: wer für einen solchen Schrott freiwillig eine Karte löst, der weiss, was auf ihn zukommt. Und hat das nicht besser verdient. Da sitzen dann genau die richtigen bildungsbürgerlichen Peudokulturträger rum, die sich den vermiesten Abend dann auch noch von der – haha! – öffentlichen Hand teilfinanzieren lassen. Dieses Pack kann man nicht lange genug im eigenen Sud schmoren lassen. Von mir aus neun Stunden Fäkalklamauk für die.

Die Süddeutsche Zeitung schreibt:

In den besten Momenten klafft in Frank Castorfs Inszenierung tief und schmerzvoll die Wunde Welt, betrachtet durch die Lupe eines politisch nüchternen Geschichtspessimismus — und aufgeladen mit Orgelmusik von Bach.

Weia!

Genau dieses Geschwurbel hat mir die deutschen Feuilletons auf Dauer vergällt, egal ob's nun um Film, Musik, Literatur oder Bühne geht. Wie oft hab ich das erlebt: Ungenießbares Zeug eignet sich hervorragend zu eitler Selbstdarstellung, und damit meine ich so Typen, die bei der Pressevorführung im Kino einschlafen oder die halbe Zeit im Foyer qualmen und dann den stinklangweiligen Schinken als Neuerfindung der Kinematographie feiern.

Eine Weile hab ich (vor ca 20 Jahren) Das literarische Quartett verfolgt, weil das Gezoffe an sich ganz unterhaltsam war. Tatsächliche Leseanregungen gab es kaum. Aber jede Menge Information der Sorte: Das muss ich wirklich nicht lesen, auch und gerade wenn sich alle vier vor Begeisterung ins Höschen gemacht haben. Insofern wage ich jetzt auch mal wieder ein Urteil über diese Theaterinszenierung, ohne dass ich eine Minute davon gesehen habe; zumindest das kann ich reinen Gewissens sagen: Ich bin da nicht das Zielpublikum.

Aus den Feuilletons erfährt man wenig bis nichts über Kultur, jedenfalls nicht über die Kultur echter atmender Menschen. Darunter verstehe ich Bücher, deren Seiten man gern umblättert, weil man wissen will, wie es weitergeht. Und nicht, weil man der Selbstfindung des Autors wieder mühselig zwei Seiten näher gekommen ist und endlich das Ende in Sichtweite gerät.

Der progressive Geist ist über derlei simple Gemütsregungen wie Lesespaß nun ziemlich erhaben. Das gilt auch für die Bühne. Shakespeare und Molière haben dabei mit Sicherheit nicht geschrieben, um ihr Publikum vorsätzlich anzuöden. Aber genau diese Anöderei gehört heute zum guten Ton. Gefeiert werden Darmentleerungen auf der Bühne. Als sei das etwas Neues und nicht seit 1968 und Otto Muehls Darbietungen so ne Art Klischee des ernsthaften Kulturbetriebs, der sich bourgeoisen Vorstellungen von Ästhetik verweigert blafasel you name it.

Man kann diese Gedanken über den ganzen feuilletondominierten Bereich der Pseudokultur ausdehnen. Ich weiß noch, wie ich (als Student) am Jahresende in der SZ die Bestenlisten Buch, Film, CD durchlas, nichts davon kannte, nichts davon interessant fand, nie jemanden traf, der aus eigener Erfahrung von dem Rotz hätte erzählen können. Es musste immer und in jeder Kategorie der abseitigste Nischenschrott sein, der sich mit Mühe und Not irgendwo eruieren ließ. CD des Jahres? Mongolische Oberton-Klezmer-Musik mit Free-Jazz-Einschlag, aufgenommen im Taj Mahal. Buch des Jahres? Auch so in dem Stil.

Schon damals kam mir die angeblich bedeutsame Gegenwartsliteratur völlig blutleer vor. Neulich war noch diese Tussi in den Schlagzeilen, die mit den Halbwesen aus dem Reagensglas. Der Name sagte mir vorher nichts und inzwischen hab ich ihn auch wieder vergessen. Solcherart sind die Leute, die heute einen Büchner-Preis bekommen (ausgerechnet Büchner, die arme Sau!).

Oder Filme von Lars von Trier. Der ganze Scheiß, den niemand wirklich gut findet, über den aber alle voller Ehrfurcht schwafeln, als sei das Rumkauen auf Aloe das wahre Honiglecken. Ich habe keine Ahnung, was das für Idioten sind, die sich so was auf Bühne, Papier, CD reinziehen, sollen sie von mir aus, aber die sollen den Scheiß bitte auf Heller und Pfennig selbst bezahlen.