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Re: OpenDGPS


Geschrieben von Nakaner (Gast) am 12. März 2014 23:03:08: [flux]

Als Antwort auf: OpenDGPS geschrieben von marek kleciak (Gast) am 11. März 2014 20:03:

Hallo,

als einer derer, die die kommerziellen Refernzdienste (beruflich) nutzen, melde ich mich (derzeit im Studium) mal zu Wort.

curmet wrote:

es gibt mttlerweile einige Landwirte die solche referenzstationen stehen haben.
Aber ob die bereit sind ihre Station dann auch gratis "sharen"?
Da müssten diese schon einen vorteil durch mitnutzung anderer stationen sehen denke ich.

Ich hole mal etwas weiter aus …

Real Time Kinematic GNSS
… oder kurz RTK ist das Verfahren, um das es in meinen Augen bei OpenDGPS zu gehen scheint. Das ist die Live-Übertragung der Korrekturdaten und die Berechnung der genaueren Position des Empfängers. Damit sind Genauigkeiten von ca. 2 cm in der Lage (Höhe ungenauer) erreichbar.

In den Anfangszeiten von GPS im Alltagsgebrauch in der Vermessung (Ende 90er-Jahre bis Mitte der 00er-Jahre) war es bei den Vermessungsbüros üblich, dass diese ihre eigene Referenzstation betrieben haben. Man hatte damals zwei GPS-Anlagen. Die eine wurde auf ein Stativ über einem Vermessungpunkt aufgebaut. Der Vermessungspunkt war in der Nähe des Messgebiets (nicht die heute üblichen zig Kilometer, sondern eher wenige Meter bis Hundertmeter). Über Funk (ich glaube irgendetwas bei 430 bis 440 MHz) wurden dann Daten von der Referenz-Station (die auf dem Vermessungpunkt) zum Rover (derjenige, der mit dem zweiten Empfänger rumläuft und die Punkte misst) übertragen.

Foto einer Referenzstation, Foto eines Rovers (der Rechner steckt im Rucksack, die Bedieneinheit dafür hängt am Stab), viele Fotos vom Setup mit Leica GPS 500

Heutzutage nutzt man, wenn man keine Altgeräte hat oder sie nicht weiternutzt, kommerzielle Korrekturdienste, sei es von der Vermessungsverwaltung des eigenen Bundeslands oder von kommerziellen Anbietern. AXIO-NET (ein kommerzieller Anbieter) verlangt z.B. ca. 11 Cent pro Minute zzgl. einmaliger Kosten. Die Übertragung der Daten erfolgt heutzutage meist über Mobilfunk. Je nach Hardware-Herstelle steckt dann im Controller (oft auf Windows Mobile-Basis) die SIM-Karte oder die Internetverbindung wird per Bluetooth getethert.

Beispiel mit Trimble R4 GNSS

Andere Verfahren
Wenn man kein Mobilfunkempfang hat und keine eigenen Referenzstation aufbauen kann oder keine hat, muss man statisch mess. Dann bleibt der Empfänger auf einem Stativ montiert mindestens 20 Minuten auf dem Punkt stehen. Im Büro wird anschließend dann die Position im "Post Processing" berechnet. Je nach Beobachtungsdauer und Entfernung zur Referenzstation sind Genauigkeiten im Millimeterbereich erreichbar.

Zurück zu den Landwirten…
Wenn diese ihre Station am Feldrand aufbauen (was wegen der stabileren Funkverbindung sinnvoll ist), ist das das oben zuerst genannten Setup. Dann wird die Referenzstation abgebaut, wenn die Arbeit beendet ist, denn niemand lässt gerne irgendwo über 10 k€ rumstehen. Hochschule, die selbst einen Vermessungsstudiengang haben, haben normalerweise auch eine Referenzstation auf ihrem Dach, die oft auch von Korrekturdiensten mitgenutzt werden (im Gegenzug bekommt die Hochschule ein unbegrenztes Abo). Dort könnte man die Rohdaten bestimmt abgreifen.

SimonPoole wrote:

Willst du tatsächlich ein (nicht allzugrosses) Gebiet (und nicht nur einzelne Punkte) mit hoher Genauigkeit abfahren macht es mehr Sinn eine Basisstation / Rover Konfiguration zu benutzen. Da musst du den Standort der Basisstation vermessen aka 1 Punkt und sonst nichts und wenn du Zugang hast zu Vermessungspunkte kann man die Basisstation auch einfach auf einen stellen.

Man kann die Vermessungspunkte auch kaufen. Wer vernünftig ist, legt sich von den gekauften Punkten eine kleine private Koordinatenliste (oder Datenbank) an.

SimonPoole wrote:

Häuserecken vermessen ist, technisch denkbar problematisch, aus praktischen Gründen (Zugang zum Grundstück etc, Zeitaufwand) auch eher unwahrscheinlich das irgendjemand das wirklcih macht.

Pro Gebäudeecke benötigt man zwei GPS-Punkte, die von der Ecke mehrere Meter (ca. 5 bis 15 Meter) entfernt sind. Von den zwei Punkten misst man mit dem Maßband (wenn man auf das Grundstück darf), ansonsten mit dem Disto auf die Gebäudeecke. Nun kann man mittels Bogenschlag die Koordinaten der Gebäudeecke berechnen. Wichtig ist, dass deine GPS-Punkte und die Gebäudeecke ein einigermaßen rechtwinkliges Dreieck mit rechtem Winkel an der Gebäudeecke bilden. Ansonsten kommt es zu einem schleifenden Schnitt. Wenn du das Grundstück betreten darfst, genügt es jede zweite Ecke zu messen. Indem du die Wand entlang mit dem Maßband misst, kannst du die übrigen Ecke per Bogenschlag berechnen.

Ehrlich gesagt, in einem Neubaugebiet sollte es nicht einmal groß auffallen, wenn du an einem Arbeitstag tagsüber ein nahezu fertiges, aber noch nicht bezogenes Haus so einmisst und dabei das Grundstück (meistens noch ziemlich dreckig und unbepflanzt) betrittst. Einfach Arbeitshose und Warnweste anziehen, mit einem geeigneten Auto (ausreichend Laderaum, damit es nach Öffentlich bestelltem Vermessungsingenieur aussieht, z.B. VW Caddy) vorfahren und Sicherheitsschuhe Schutzklasse S3 (durchtrittssichere Sohle) nicht vergessen. Da liegen nämlich ein Haufen Nägel rum!

Dies ist keine Anstiftung zu einer Straftat (Hausfriedensbruch). Aber unter den genannten Umständen fällt das vermutlich nicht auf. 🙂

Vielleicht findest du aber auch Kontakt zu dem Vermesser, der das Gebäude abgesteckt hat und dir die abgesteckten Koordinaten übergibt.

SimonPoole wrote:

Du kannst ja völlig problemlos DGPS verwenden falls du das Geld ausgibst für die entsprechende HW (was so ein paar 100 Euro ausmacht). Hier geht es drum ob du nochmals einen Tausender oder so ausgibts um selber mit ein Korrekturnetz aufzubauen, anstatt z.B. 150 Euro im Jahr für Sapos Daten in Bayern oder in BW nichts, auszugeben (siehe z.B. http://vermessung.bayern.de/file/pdf/12 … pdf#page=7 http://www.sapos-bw.de/eps.php ).

IMHO Sinn == null

Hier geht es auch, wie bei OSM selbst darum, ein freies, unabhängiges Angebot zu schaffen. OpenDGPS beschäftigt sich mit Korrekturwerten für GNSS, OSM beschäftigt sich mit Geodaten an sich. Why the world needs OpenStreetMap

<fantasie>
Nehmen wir mal an, unsere Regierung hat irgendetwas gegen ihre Bürger und schaltet SAPOS ab und zwingt die kommerziellen Anbieter auch ihre Korrekturdienste abzuschalten. Merkst du was? Das sind zentrale Dienste? Das Internet, E-Mail usw. (ja sogar OSM teilweise) sind dezentral. Die kann man nicht mit einem Telefonanruf ausknipsen.
</fantasie>

Viele Grüße

Michael