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Gesundheit 2004: Wie viele Opfer fordert die Reform noch?

2004 - das Jahr der Gesundheitsreformen: Anfang dieser Woche forderte das Reform-Chaos sein jüngstes Opfer. Sozialexperte Horst Seehofer (CSU) trat von seinem Amt des stellvertretenden CDU/CSU- Fraktionsvorsitzenden zurück. Der CSU-Parteitag hatte zuvor dem Gesundheitskompromiss mit der CDU mit großer Mehrheit zugestimmt. Seehofer lehnt das Modell mit Einführung einer Gesundheitsprämie ab. Er sei weder Querdenker noch Querulant noch Quertreiber, "ich bin schlicht und einfach standfest", so Seehofer. Er werde nun in Ruhe dokumentieren, dass der Gesundheitskompromiss unsolidarisch, unterfinanziert und bürokratisch ist. CDU-Chefin Angela Merkel bezeichnete den Schritt des ehemaligen Bundesgesundheitsministers als "bedauerlich, aber konsequent". Er habe die Weichenstellung in ein neues Gesundheitssystem nicht mitmachen wollen. Währenddessen verteidigen Angela Merkel und Edmund Stoiber (CSU) ihren schmerzvoll errungenen Kompromiss weiter. Niemand müsse für die gesetzliche Krankenversicherung mehr als sieben Prozent seines Einkommens aufwenden, Kinder bleiben prämienfrei. Alle anderen Punkte des Kompromisses wie die Festschreibung des Arbeitgeberanteils und die Zuweisung an ein Sondervermögen will die CSU zu Detailfragen erklären, mit denen sich der Bürger nicht belasten müsse. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) kritisiert den Unions- Kompromiss. Angela Merkel ließe ein "bürokratisches Monster" vorstellen, um die Kopfpauschale durchzusetzen. Schmidt bedauerte gleichzeitig den Rückzug Seehofers. Er reiße "ein großes Loch, das ohne Weiteres nicht zu schließen sein wird". Schmidt und Seehofer hatten im vorigen Jahr den Gesundheitsreformkompromiss zwischen Bundesregierung und Opposition ausgehandelt. Und genau dieser Kompromiss setzt zurzeit die Ministerin und die Kassen unter Druck. 2004 sollte "das Jahr der Beitragsenkungen" werden. Doch in diesem Jahr wird es flächendeckend nicht mehr dazu kommen. Zwar senken zum 1. Juli 2005 Barmer, DAK und AOK Rheinland ihre Beiträge um 0,9 Prozentpunkte. Doch diese scheinbar gute Nachricht hat gleich zwei Schönheitsfehler. Erstens folgen diese drei Kassen nur einer Vorgabe von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), die sämtliche Kassen per Gesetz zwingt, ihre Beiträge um 0,9 Punkte zu senken. Zweitens müssen die Arbeitnehmer ab Juli 2005 Zahnersatz und Krankengeld aus der eigenen Tasche versichern - und werden somit um genau diese 0,9 Prozent wieder belastet. Fazit: Nicht nur dass die Kassenbeiträge am 1. Januar nicht sinken, zum 1. Juli steigen sie sogar effektiv - zumindest für die Arbeitnehmer. Die 72 Millionen gesetzlich Versicherten warten somit weiter vergeblich auf die von der Politik versprochene große Welle sinkender Beiträge. Was ihnen bleibt sind Praxisgebühr und ständige Zuzahlungen. Wie sozial ist der Gesundheitskompromiss der Union? Und ist er überhaupt praxistauglich? Wie lange trägt der Reformkurs der Gesundheitsministerin noch? Wann wird es endlich zu den versprochenen Entlastungen der Patienten kommen? Egal ob Bürgerversicherung oder Kopfpauschale - zahlen am Ende doch alles die Patienten? Diese und andere Fragen diskutiert Maybrit Illner mit ihren Gästen.

  1. 25.11.2004 22.15, ZDF, Berlin Mitte
  2. 26.11.2004 17.35, Phönix, Berlin Mitte
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