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Nach dem Mord in Bayreuth - Wer schützt uns vor Wiederholungstätern?

Das grausame Verbrechen in Bayreuth schockierte ganz Bayern: Eine 39-jährige Krankenschwester wird auf dem Weg zum Dienst überfallen, vergewaltigt und getötet. Der Tatverdächtige: Ein 35-jähriger, der vor einem Monat aus der Haft entlassen wurde. Seit 2001 saß er wegen Vergewaltigung ein und wurde sozialtherapeutisch betreut. Anfang September entließ man ihn durch ein Gutachten vorzeitig aus der Haft - er wurde als "nicht mehr gefährlich" eingestuft. Ein tödlicher Irrtum. Nur fünf Wochen später wird er zum Wiederholungstäter. Den entscheidenden Hinweis auf den Tatverdächtigen gab der Ehemann der Krankenschwester, mit dem er in der Abteilung für Sozialtherapie als Justizbeamter zusammengearbeitet hatte. Die Forderung nach mehr Sicherheit wächst in der Bevölkerung. Sind wir ausreichend geschützt? Was bringen längere Haftzeiten und keine frühzeitigen Entlassungen von Wiederholungstätern? Wie konnte dieser Straftäter durch ein Gutachten als nicht mehr gefährlich eingeschätzt werden und bereits einen Monat nach Entlassung rückfällig werden? Der fatale Fehler hat eine heftige Diskussion über die Glaubwürdigkeit von Gutachten ausgelöst. Gutachten sind keine Garantie, meint auch der Tübinger Psychiater Prof. Michael Günter. "Psychiatrische Gutachten können allenfalls 50 Prozent das Rückfallrisikos erfassen und zwar jenen Teil, der auf Persönlichkeitsmerkmalen beruhe. Der vermutlich überwiegende Teil jedoch hänge von nicht voraussehbaren Lebensumständen, Entwicklungen und Situationen ab." Trotz der Forderung nach härteren Strafen befürwortet Justizministerin Beate Merk Sexualtäter nach Möglichkeit in und nach der Haft zu therapieren und sie bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu begleiten. Ihr Parteikollege Innenminister Günther Beckstein geht als oberster Dienstherr der Polizei andere Wege. Er führte am 1. Oktober 2006 eine neue Polizei-Datei für Sexualstraftäter ein. HEADS, so der Name, soll Informationen über rückfallgefährdete Sexualstraftäter sammeln, damit diese nach ihrer Entlassung aus der Haft von den örtlichen Polizeistationen dauerhaft lokalisiert werden können. Doch der Blick auf die Opfer darf nicht verloren gehen, dies fordert Brigitte Wagner vom Weißen Ring in Bayreuth. "Heute ist es schon so, dass die Opfer kaum einen Psychologen finden, der sie behandelt. Die Fachleute haben mehr Erfahrung mit der Therapie von Tätern." Von den im Jahr 2004 rund 211 000 Gewaltkriminalitäts-Opfern stellten nur in knapp 10 Prozent der Fälle einen so genannten Anspruch im Sinne des Opferentschädigungsgesetzes, OEG. Der Grund dafür ist, dass selbst bei Behörden und Rechtsanwälten diese Regelung unbekannt ist. Das OEG leistet staatliche Hilfe. Der Weiße Ring kritisiert zudem die zu enge Fassung des Gesetzes und die oft äußerst restriktive Anwendung durch die Versorgungsverwaltungen der Länder. Oft schaffte es der Weiße Ring erst durch Prozesse vor dem Bundessozial- und Bundesverfassungsgericht Verbesserungen für die Opfer durchzusetzen. Blicken wir also gebannt auf den Täter und vergessen die Opfer? Wissenswertes: Auszug aus der Bayerischen Kriminalstatistik: Im Jahre 2005 wurden 1032 Vergewaltigungen im Freistaat registriert. Dies bedeutete einen leichten Rückgang gegenüber den Vorjahren. 2004 wurden 1199 solcher Taten verübt. Die Aufklärungsquote dieser Straftat liegt im Durchschnitt bei 88 Prozent. Sicherheitsverwahrung: soll dazu dienen, die Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern zu schützen. Danach bleibt ein Straftäter in staatlicher Verwahrung, nachdem er seine Freiheitsstrafe verbüßt hat. Die Gefährlichkeit seiner Person muss durch Gutachter festgestellt werden. Gegenüber Jugendlichen ist die Anordnung einer Sicherheitsverwahrung nicht möglich. Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ist grundsätzlich unbefristet. Forensische Abteilung der Psychiatrie: unter anderem zuständig für den Maßregelvollzug. Die Unterbringung und Behandlung von psychisch- oder suchtkranken Tätern, die in der Regel im Zustand der Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit Straftaten begangen haben oder vom jeweiligen Landgericht eingewiesen wurden. Gleichzeitig erstellen die Ärzte dort die Gutachten von Straftätern.

  1. 18.10.2006 20.15, Bayern 3, BürgerForum live
  2. 19.10.2006 02.25, Bayern 3, BürgerForum live
  3. 19.10.2006 11.45, Bayern 3, BürgerForum live
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