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Re: Luftbild anhand von Vermessungspunkten ausrichten


Geschrieben von Nakaner (Gast) am 22. Juli 2014 18:49:46: [flux]

Als Antwort auf: Luftbild anhand von Vermessungspunkten ausrichten geschrieben von Klamann (Gast) am 22. Juli 2014 13:00:


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Hallo Klamann,

als angehender Vermesser erlaube ich mir mal, ein vernichtendes Urteil über deine Vorschläge zu fällen. So toll deine Idee beim allerersten Hinhorchen für einen Unkundigen klingen mag, beerdige siebitte oder wandle sie erheblich ab (siehe Alternativvorschlag unten). Es gibt mehrere Hindernisse, die du nicht überwinden können wirst.

Auf den Luftbildern wirst du APs (Anschlusspunkte, alles unterhalb der TPs) gar nicht und TPs (trigonometrische Punkte) nur in besonderen Fällen erkennen können. Grund ist schlicht und einfach die Abmarkung, sie sind zu klein. Folgende Abmarkungsarten sind mir bekannt/gebräuchlich:

- - in Asphalt, Pflaster, Beton u.ä. markt man APs mit Bolzen [1] ab (entweder mit einem Dübel oder mit etwas Mörtel wird dieser in seinem Loch befestigt). Diese Art wird bei APs und Grenzpunkten verwendet.

- - In nicht so stabilem Untergrund verwendet man Granitsteine [2] (die Kunststoffimitate sind mir bisher nur als Grenzpunkte begegnet). Diese Art wird bei TPs, APs und Grenzpunkten verwendet.

- - Ältere TPs sind gern auch mal als bis zu 0,5 m hohe Sandsteine, wenn sie mit Waldgrenzsteinen zusammenfallen. (Die siehst du aber nicht, denn die stehen im Wald :-) )

- - Türme und Kirchturmspitzen sind oft auch TPs, da sie weithin sichtbar waren. Da sie jedoch hoch sind, kann man die an ihnen ermittelten Korrekturwerte nicht verwenden.

- - "Nägel" [3] sind mir als Abmarkungsart von amtlichen Vermessungspunkten noch nicht begegnet. In der Ingenieurvermessung setzt man sie aber gerne ein, da günstig und schnell in der Abmarkung.

Dieses Argument gilt in Erlangen unter Umständen nicht.

Du wirst von den Vermessungsverwaltungen auf legale Weise keine Vermessungspunkte bekommen können. Selbst die Herausgabe mit einem künstlichen Fehler von 1 Meter oder mehr wird schwierig bis unmöglich sein. Außerdem sind solche künstlich verfälschten Daten dann auch für uns nur sehr eingeschränkt brauchbar.

Die Lagefestpunktnetze der Vermessungsverwaltungen sind dafür angelegt worden, bei hoheitlichen Vermessungen im Liegenschaftskataster den Raumbezug zur Verfügung zu stellen. Für nicht-hoheitliche Vermessungen (z.B. Absteckungen beim Bau von Gebäuden) werden die Koordinaten der Punkte einzeln an die berechtigten Nutzer, die damit auch etwas anfangen können, nämlich Vermesser, verkauft. Preislich geht das bei so 30 bis 80 Euro los (landesabhängig).

Die Imagery Offset DB steht unter einer der Gemeinfreiheit/CC-0 äquivalenten Lizenz [4]. Glaubst du im Ernst, dass die Behörden dir ihre (zu recht wertvollen) Schätze hergeben? Die Lizenz hat weder ein Share-Alike noch eine Pflicht zur Namensnennung. Wenn du die Daten dort reintust, werde ich, sobald ich das erfahren habe, aus den Offsets versuche, Vermessungspunkte zu züchten. Die verscherble ich dann an jedes Vermessungsbüro, dessen Chef zu einem Kaffee einlädt. smile

Ich schließe daher hiermit eine Wette ab. Du bekommst von mir kostenfrei per Post (innerhalb Deutschlands) vier DIN A1-Karte von vier Orten deiner Wahl geplottet, Maßstab 1:100.000 und größer, zugesendet, wenn du eine (einzelne!) Vermessungsbehörde dazu bringst, dir mehr als 150 in der Realität existente APs und TPs mit unverfälschten, nicht-graphischen Koordinaten im aktuell in diesem Bundesland für das Liegenschaftskataster verwendeten Bezugssystem für OSM/Imagery Offset DB zu geben. Du bekommst die Karte aber erst, wenn ich die Chance gehabt habe, die Koordinaten selbst auf Richtigkeit zu prüfen (mit professionellen Instrumenten). Diese Wette ist ernst gemeint. Zur Not fahre ich auch mal dafür quer durch Deutschland. Diese Wette gilt bis einschließlich 31. Dezember 2015.

Wenn du bis zum 31. Dezember 2015 gewinnst, braucht der Teufel Streusalz und Eisbrecher. smile

Warum schreibe ich hier "in der Realität existente" Vermessungspunkte? Ganz einfach, Vermessungspunkte werden irgendwann mal vermarkt und landen im Vermessungszahlenwerk (heute eine Datenbank wie das gesamte Liegenschaftskataster). Dort schlummern sie und wenn mal ein Vermesser sagt "Ich brauch mal in X einen Katasterauszug", dann bekommt er diesen Auszug, der auch diese APs enthält. Durch Straßenbauarbeiten oder andere Gründe sind zwischenzeitlich jedoch schon einige dieser Punkte entfallen, das weiß das Amt nicht und zurückmelden tut man es auch nicht (1. gibt's keinen Kulanzrabatt, 2. wird's dort wohl keinen interessieren; nur ÖbVIs könnten, bei ihren hoheitlichen Vermessungsaufträgen den Punkt dann "historisieren"). Wenn ich ein gewiefter und gewissenloser Beamter wäre und mein Amtsleiter genauso gewieft und wir beide kurz vor der Pension, dann würde ich einfach die ALKIS-Datenbank befragen, welche APs denn historisiert wären und dich dann rotzfrech damit ruhigstellen.

Daher meine Anregung: Bitte sprich dich unbedingt vorher mit Joachim (DD1GJ) ab, bevor du irgendetwas mit Behörden machst. Er weiß, wer dort der richtige Ansprechpartner wäre. Die einfachen Sachbearbeiter im "Kundendienst" dürfen so etwas nicht entscheiden, nicht mal der Chef der unteren oder oberen Vermessungsbehörde. Das benötigt die Zustimmung des Ministeriums, dem die Vermessungsverwaltung in dem Land unterstellt ist. In Sachsen-Anhalt hatten wir schon einen Fall, dass ein Mapper mal beim LVermGeo angefragt hat. Die Sachbearbeiterin hat ihm dann das Ok gegeben, dass sie eigentlich (Joachim hat nachgehakt) nicht hätte geben dürfen. So ein Gschieß muss nicht sein und schadet uns nur.

Entschuldigung, dass ich deine Idee so ins Lächerliche gezogen habe, aber ich kann die Wahrheit leider nicht verschweigen.

Ich habe daher einen Alternativvorschlag.

Auf guten Luftbildern kann man vieles sehen. Warum fragst du nicht beim Tiefbauamt deiner Gemeinde an, ob du die Mittelpunkte der Schachtdeckel der Kanalisation bekommst und damit die Imagery Offset DB näheren kannst? Bitte bedenke jedoch, dass in manchen Gemeinden die Tiefbauämter für die Schachtdeckel keine separaten Koordinaten speichern. Diese Ämter speichern dann nur die Koordinaten des Schachtmittelpunkts. Meistens ist der Deckel jedoch nicht zentrisch über der Schachtmitte. Du musst also jedesmal bei der jeweiligen Gemeinde nachfragen, wie sie es handhaben. (Ich bin meinem Chef/Ausbilder für diese Anregung dankbar.)

Die Tiefbauämter haben außerdem den Vorteil, dass sie nicht so sehr mit ihren Daten Geld verdienen wollen, ihr Produkt ist die Abwasserentsorgung. Diese Verwaltungsgebühren dienen höchstens der Kostenerstattung für den Aufwand der Auskunft. In manchen Gemeinden sind für Vermesser solche Auskünfte bei Bauvorhaben sogar kostenfrei. Zudem wollen die meisten Datennutzer nur die Sohl- und Deckelhöhen über NN, da man bei der Planung eines Gebäudes wissen muss, wie tief es maximal liegen darf, sodass man es ohne Abwasserpumpe (kostet Geld bei der Anschaffung und Wartung) entwässern kann. Wenn sie dir die Lagekoordinaten ohne Höhe herausgeben, dann tut ihnen das wahrscheinlich gar nicht weh.

Viele Grüße

Michael

[1] http://goecke.de/Produkte/Vermarkungsma … 31965ce64b
[2] http://goecke.de/Produkte/Vermarkungsma … 31965ce64b
[3] http://goecke.de/Produkte/Vermarkungsma … 31965ce64b
[4] https://wiki.openstreetmap.org/wiki/Ima … se#License


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